Keine Ausreden mehr: Prototyping mit Vibe Coding

Vibecoding ist ein konversationsbasierter Ansatz zur Softwareentwicklung, bei dem Laien durch Interaktion mit einem LLM in natürlicher Sprache lauffähige Anwendungen erstellen können. Es ermöglicht nicht nur-Programmierern, den Design- und Prototyping-Zyklus zu beschleunigen, wobei die Limitierungen und Risiken von LLMs/GenAI weiterhin gelten, wie Christian Kohl im folgenden Interview erläutert.

In a nutshell: Was ist Vibecoding?

Christian Kohl

Vibe Coding ist ein konversationsbasierter Weg, um Software zu entwickeln, ohne Kenntnisse von Softwareentwicklung zu haben. Dazu wird wie in einem Chat mit einem LLM in natürlicher Sprache interagiert. Das LLM erzeugt eine lauffähige Anwendung, die dann schrittweise verfeinert oder verändert werden kann. Es gibt dazu inzwischen spezielle Anbieter, die dies für interessierte Laien niedrigschwellig benutzbar machen. Wichtig dabei ist zu verstehen, dass weiterhin die Limitierungen und Risiken von LLMs/GenAI gelten: Die Ergebnisse sollten keinesfalls ungeprüft verwendet werden, und je nach Anbieter ist sorgfältig zu prüfen, was mit den eingegebenen Daten passiert.

Warum wird das gerade so gehypt?
Weil ein Mensch mit tollen Retro-Pullovern einige sehr gute Videos dazu gemacht hat. 😉 Ich denke, der „Hype“ kommt vor allem daher, dass es tatsächlich eine der wenig wirklich produktiv nutzbaren Anwendungen von GenAI bislang ist. Vor allem versetzt es nicht-Programmierer*innen in die Lage, den Design und Prototyping Zyklus zu beschleunigen, adressiert damit ein häufig anzutreffendes Bottleneck.

Welche Anwendungen siehst Du in der Verlagsbranche?
Das hauptsächliche Anwendungsfeld sehe ich im interaktiven, inkrementellen Design und Prototyping. Für sehr „kleine“ Use Cases (bei denen Skalierbarkeit und Sicherheit ggf. nicht so wichtig sind), kann es auch zur Entwicklung genutzt werden. Wenn Schnelligkeit vor Stabilität, Sicherheit etc. geht, ist es natürlich auch eine Option, aber davon rate ich generell ab.

Welche Voraussetzungen brauche ich als Verlag, um Vibecoding einzusetzen?
Einen Zugang zu einem der zahlreichen Tools dafür. Die kostenlosen Varianten eignen sich zum Ausprobieren, wenn man ernsthaft damit arbeiten möchte, braucht es dann einen kostenpflichtigen Plan, der aber auch nicht die Welt kostet (je nach Anbieter 20$-60$ pro Monat). Ansonsten ein bisschen Zeit, Neugier und Geduld. Wenn die erzeugten Anwendungen produktiv eingesetzt werden sollen, muss auf jeden Fall die Softwareentwicklung und IT mit einbezogen werden, und zwar von Anfang an. Von einem direkten Deployment generierter Lösungen rate ich ab, vielmehr sehe ich den Nutzen der Tools im Design, Prototyping und Testen. Das ist wichtig zu verstehen – es ersetzt nicht die Entwicklungsabteilung oder IT – kann diese aber unterstützen und in bestimmten Phasen entlasten.

Dein Vortrag auf dem CrossMediaForum lautet „Rapid Prototyping für digitale Verlagsprodukte mit Vibe Coding und KI-Unterstützung“. Was wird die Kernbotschaft sein?
Die Kernbotschaft ist, dass es noch nie so einfach war, ernsthaftes Prototyping zu betreiben. Es gibt keine Ausreden mehr, seine Ideen nicht schon in frühen Stadien zu verproben (mit echten Nutzer*innen/Kund*innen) und diese dann inkrementell zu verbessern. Klassische Wasserfall Ansätze oder „Big Bang“ Vorgehensweisen sollten damit endgültig ausgedient haben. Als Bonus lässt sich nicht nur user-driven-design damit beschleunigen, auch das (automatisierte) Testen kann von Anfang eingebracht werden – Qualitätssicherung „baked in“ anstatt nur als lästige Pflicht kurz vor dem Rollout.

Christian Kohl ist CTO der Open-Access-Publishers PLOS und Referent auf dem 27. CrossMediaForum.

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