Interview mit Jörg Hopfgarten
Das Geschäftsmodell der Verlage steht von vielen Seiten unter Transformationsdruck, sei es bei der Konkurrenz um die Aufmerksamkeit mit anderen Medien, das Aufkommen neuer Distributionswege wie z.B. digitale Flatrates oder Open Access oder die Veränderungen, die mit neuen Produktionsweisen und Supply Chains einhergehen, stellt Jörg Hopfgarten, seit Mai 2025 Partner im Heinold&Friends-Netzwerk, fest. Allerdings sieht er auch in unserer Branche positive Beispiele: "Wir müssen uns nur die Entwicklungen im Hörbuchbereich anschauen."
Welche großen Herausforderungen für Verlage siehst Du?

Jörg Hopfgarten
Das Geschäftsmodell der Verlage steht von vielen Seiten unter Transformationsdruck, sei es bei der Konkurrenz um die Aufmerksamkeit mit anderen Medien, das Aufkommen neuer Distributionswege wie z.B. digitale Flatrates oder Open Access oder die Veränderungen, die mit neuen Produktionsweisen und Supply Chains einhergehen. Und wir reden hier noch nicht von den Veränderungen, die KI mit sich bringt. Und wenn wir ehrlich sind: Das hört nicht auf, in den nächsten 20 Jahren wird es wahrscheinlich 20 weitere, existentielle Herausforderungen geben.
Die große Frage ist also: Wie organisiere ich einen Verlag so, dass er seine Stärken in einem Umfeld behält, das sich ständig verändert. Dass er nicht jeder Mode hinterherrennt, aber in der Lage ist, flexibel auf alle Veränderungen zu reagieren, die die Welt durchlebt. Und das bedeutet: Ständiges Hinterfragen, ständiges Lernen und ständiges Ausprobieren. Für eine so kleinteilige Branche mit einer so langen Tradition ist das eine große Herausforderung. Aber auch eine gigantische Chance.
Welche Themen bringst Du in das Heinold & Friends-Netzwerk ein?
Mein Thema ist: Wie bringen Verlage ihre Inhalte an die Öffentlichkeit. Handelsvertrieb und Marketing sind da nur die Spitze des Eisbergs, denn sobald man etwas genauer hinschaut, zeigt sich, dass das alte Modell Autor->Verlag->Handel->Leser so nur noch für einen kleinen Teil der Verlagsprodukte funktioniert. Abo-Produkte gingen schon immer direkt an die Endkunden, aber auch für Fachverlage wird der Handel immer unbedeutender. Und Publikumsverlage bauen Communities um ihre Serien und Autoren auf, die crossmedial bedient werden. Vertrieb, Marketing und Inhalte wachsen strategisch immer mehr zusammen, und das ist auch notwendig. Ich helfe dabei, den Vertrieb aus seinem Silo zu holen, ihn crossmedial und crossfunktional zu denken und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der klassische Handelsvertrieb weiterhin relevant bleibt. Denn noch werden dort viele der Einnahmen für die notwendigen Veränderungen erzielt.
Ein Schwerpunktthema liegt in der Analyse und Entwicklung digitaler Vertriebsmodelle und Produkte. Aus Deiner langjährigen Erfahrung: Was läuft hier oftmals schief bzw. müsste besser gemanagt werden?
Es wird häufig noch immer unterschätzt, dass „Digital“ hier nicht nur eine technische Frage ist. Häufig versuchen Verlage, das, was sie sowieso schon tun, in Bits and Bytes zu übersetzen. Sie denken vom Produkt her, egal ob das jetzt ein Buch, eine Zeitschrift oder eine Loseblattsammlung ist. Aber „Digital“ erfordert immer auch einen Paradigmenwechsel hin zum kundenzentrierten Denken. Wir müssen uns Fragen: Wer ist überhaupt an diesem Produkt interessiert. Wie wird es genutzt, welche Bedürfnisse bedient es und ganz wichtig: Wie muss das Produkt aussehen, damit es funktioniert? Die Musikbranche hat da 20 Jahre gebraucht und auch die Presseverlage sind da weiter als wir, weil ihre Geschäftsmodelle viel früher unter Druck geraten sind. Und auch in unserer Branche gibt es positive Beispiele – wir müssen uns nur die Entwicklungen im Hörbuchbereich anschauen.
Jöeg Hopfgarten ist seit Mai2025 Partner bei Heinold & Friends (zum Portrait).