Fachredaktionen stehen vor der Herausforderung, relevante Inhalte zu identifizieren, Zielgruppen zu binden und neue Communities zu erschließen – und das bei begrenzten Personalressourcen. KI-gestützte Tools bieten Lösungen für diese wachsenden Ansprüchen, wie Herwig Dunzendorfer, einer der Gründer von IntelliScout, im folgenden Interview erläutert.
Vor welchen Herausforderungen stehen vor allem Redaktionen von Fachzeitschriften bzw. Fachmedien?
Redaktionen müssen heute aus einer Flut von Informationen die für ihre Zielgruppen relevanten Inhalte herausfiltern. Dabei gilt es, nicht nur aktuellen und qualitativ hochwertigen Content zu liefern, sondern diesen auch individuell auf die Interessen der Leser*innen zuzuschneiden. Gleichzeitig ist es essenziell, bestehende Zielgruppen zu halten und neue Communities aufzubauen, um die Reichweite zu erhöhen. Die Multikanalpräsenz ist eine weitere Herausforderung. Inhalte müssen für verschiedene Plattformen wie Print, Online, Social Media und Newsletter aufbereitet werden. Dies erhöht den Arbeitsaufwand erheblich, während Ressourcen oft begrenzt sind. Zudem erwarten die Leser*innen Konsistenz und Qualität über alle Kanäle hinweg, was eine kohärente Content-Strategie erfordert.
Welche Möglichkeiten bietet KI, um auf diese Herausforderungen zu antworten?
Künstliche Intelligenz bietet vielfältige Ansätze, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Durch automatisierte Datenanalyse kann KI relevante Inhalte identifizieren und priorisieren, was den Rechercheprozess erheblich beschleunigt. Sie ermöglicht die Personalisierung von Content, indem sie Nutzerverhalten und Präferenzen analysiert und darauf basierend maßgeschneiderte Inhalte generiert. Weiterhin kann KI repetitive Aufgaben automatisieren, etwa die Anpassung von Texten für unterschiedliche Formate oder die zeitgesteuerte Veröffentlichung über verschiedene Kanäle. Dies entlastet die Redakteur*innen und gibt ihnen mehr Raum für kreative und strategische Aufgaben. Darüber hinaus hilft KI dabei, den Stil und die Qualität der Inhalte konsistent zu halten, was für die Markenidentität und die Leserbindung entscheidend ist.
KI hilft dabei, den Stil und die Qualität der Inhalte konsistent zu halten, was für die Markenidentität und die Leserbindung entscheidend ist.
In Redaktionen gibt es teilweise noch Vorbehalte gegen den umfassenden Einsatz von KI-Tools, z.B. in Bezug auf Halluzinationen oder einen Informationsbias. Wie berechtigt sind diese? Und was kann dagegen getan werden?
Diese Bedenken sind durchaus berechtigt. KI-Modelle können Fehler produzieren oder Verzerrungen aus den Trainingsdaten übernehmen, was zu falschen oder einseitigen Inhalten führen kann. Um dem entgegenzuwirken, ist Transparenz in den KI-Prozessen entscheidend. Die Ergebnisse der KI sollten stets überprüfbar sein, und Redakteur*innen müssen die Möglichkeit haben, Inhalte zu validieren und anzupassen. Ein bewusster "Human-in-the-Loop"-Ansatz ist hierbei essenziell. Durch die Kombination von KI und menschlicher Expertise können die Stärken beider Seiten genutzt werden, während Risiken minimiert werden. Schulungen und ein fundiertes Verständnis für die Funktionsweise von KI-Tools tragen zusätzlich dazu bei, Vorbehalte abzubauen und die Qualität der Inhalte zu sichern.
Zudem gibt es Ängste zur eigenen Ersatzbarkeit. Wie wichtig ist der „Human in the Loop“-Ansatz? Und wie wird dieser am besten umgesetzt?
Der "Human-in-the-Loop"-Ansatz ist von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, dass KI als unterstützendes Werkzeug und nicht als Ersatz für Redakteur*innen dient. Menschliche Kreativität, Urteilskraft und ethisches Bewusstsein sind unverzichtbar für hochwertigen Journalismus. Um diesen Ansatz effektiv umzusetzen, sollten KI-Tools so gestaltet sein, dass sie nahtlos in bestehende Workflows integriert werden. Redakteur*innen behalten die Kontrolle über die finalen Inhalte und nutzen die KI zur Effizienzsteigerung, Inspiration und Recherche. Feedback-Schleifen, in denen die KI aus den Entscheidungen der Redakteur*innen lernt, verbessern zudem kontinuierlich die Qualität der automatisierten Vorschläge.
Redakteur*innen behalten die Kontrolle über die finalen Inhalte und nutzen die KI zur Effizienzsteigerung, Inspiration und Recherche.
Wie antwortet Ihr Tool IntelliScout auf all diese Anforderungen?
IntelliScout wurde entwickelt, um Redaktionen gezielt bei diesen Herausforderungen zu unterstützen. Der News Hub liefert täglich individuell gefilterte und qualitativ hochwertige Inhalte aus internationalen Quellen. Die Artikel sind auf die spezifischen Interessen der Zielgruppen und Communities zugeschnitten und können nach Qualität und Innovationsgrad sortiert werden. Die Basis aus hochwertigen und überprüften Inhalten vermeidet zudem das Entstehen von Halluzinationen oder einen Informationsbias.
Der Content Hub ermöglicht IntelliScout die KI-gestützte Erstellung neuer Texte, indem es mehrere Quellartikel intelligent kombiniert. Die Inhalte können automatisch für verschiedene Formate und Kanäle angepasst und veröffentlicht werden, was die Multikanalpräsenz erheblich vereinfacht.
Im Style Hub können Redakteur*innen Stilvorlagen für verschiedene Formate definieren. Die KI berücksichtigt diese Vorlagen bei der Content-Erstellung, was zu einem konsistenten Markenauftritt über alle Plattformen hinweg führt.
Durch den "Human-in-the-Loop"-Ansatz behalten Redakteur*innen stets die Kontrolle über die Inhalte. Die KI dient als Werkzeug, das den Workflow effizienter gestaltet und die Qualität der Inhalte unterstützt, ohne die menschliche Expertise zu ersetzen.
Gibt es schon Einsätze in der Praxis? Welche Erfahrungen wurden damit gemacht?
Ja, IntelliScout wird bereits in der Praxis eingesetzt, zum Beispiel im Projekt „Heartport". Diese Plattform bereitet wissenschaftliche und medizinische Fachpublikationen für Mediziner*innen und interessierte Laien auf. IntelliScout unterstützt dabei den spezialisierten KI-Workflow, um aktuelle und relevante Inhalte bereitzustellen. Die bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv. Redaktionen konnten ihre Effizienz steigern und gleichzeitig die Qualität und Relevanz der Inhalte erhöhen. Durch die gezielte Ansprache spezifischer Zielgruppen und die Anpassung an deren Interessen konnte die Leserbindung gestärkt und neue Communities aufgebaut werden.
KI ist dabei nicht der Ersatz, sondern Verbündete und Empowerment für Redakteur*innen auf dem Weg zu innovativem und nachhaltigem Journalismus.
Welche weiteren Entwicklungen sehen Sie für Content basierte KI-Tools? Wie weit kann die Automatisierung gehen?
Die Zukunft von KI im Content-Bereich ist vielversprechend. Wir erwarten eine verstärkte Personalisierung von Inhalten, bei der KI noch besser auf individuelle Interessen und Bedürfnisse eingehen kann. Interaktive Elemente wie Virtual Reality oder dynamische Wissensdatenbanken könnten das Nutzererlebnis weiter verbessern und neue Zielgruppen ansprechen. Die Automatisierung wird sicherlich weiter zunehmen, insbesondere bei routinemäßigen und zeitintensiven Aufgaben. Allerdings sehen wir klare Grenzen: Die menschliche Komponente bleibt weiterhin unverzichtbar. Kreativität, Empathie und kritisches Denken können und sollen nicht vollständig automatisiert werden. Daher verstehen wir KI als Ergänzung, die Redakteur*innen mehr Zeit und Raum für wertschöpfende Tätigkeiten gibt. Insgesamt können KI-gestützte Tools die Herausforderungen moderner Redaktionen adressieren. Durch die intelligente Kombination von Mensch und Maschine werden Prozesse effizienter, und die Qualität oder Integrität der Inhalte beibehalten. Redaktionen können ihre Zielgruppen besser bedienen, neue Communities aufbauen und sich in einem dynamischen Medienumfeld erfolgreich positionieren. KI ist dabei nicht der Ersatz, sondern Verbündete und Empowerment für Redakteur*innen auf dem Weg zu innovativem und nachhaltigem Journalismus.
IntelliScout (www.intelli-scout.com) wird ab dem 3. Dezember 2024 für Redaktionen verfügbar sein. Herwig Dunzendorfer ist Referent auf dem CrossMediaForum und wird dort das Tool vorstellen.