Paradigmenwechsel braucht Veränderung: Warum sich viele Verlage mit der Kundenzentrierung schwertun

Nicht ein Medienkanal oder ein Produkttyp, sondern der Kunden sollte im Mittelpunkt stehen!

Ein aktuelles Kundenprojekt, die Begleitung bei der Konzeption eines Digitalangebotes in einem Fachverlag, bringt mich dazu, nochmals auf die Notwendigkeit eines grundlegenden Paradigmenwechsels hinzuweisen – denn nur so werden grundlegende Innovationen möglich: Nicht ein Medienkanal oder ein Produkttyp, sondern die Kund:innen sollten im Mittelpunkt stehen. Klingt trivial und altbekannt? Stimmt. Aber an konsequenter Umsetzung mangelt es oft.

Ehrhardt Heinold

Der Paradigmenwechsel hin zum Kundennutzen vollzieht sich in der Verlags- und Medienbranche seit Jahren. Vor allem Fachverlage bzw. aktueller formuliert B2B-Serviceprovider vollziehen diesen Perspektivwechsel mit teilweise beeindruckender Konsequenz. Ich gebe diesem Wechsel das Motto „Vom Zusatzangebot zum Kundennutzen“. Was ist damit gemeint? In der ersten Phase der Digitalisierung standen bei den meisten Verlagen die Printprodukte im Mittelpunkt – sie bestimmten nicht nur die Mindsets und Workflows, sondern auch die Gestaltung (oft 1:1-Abbilder) und das Pricing von Digitalangeboten. Diese wurden (und werden immer noch) als „Zusatzangebot“ gemanagt, sie sollen das Printgeschäftsmodell ergänzen, aber keinesfalls „kannibalisieren“. Einige Verlage haben früh erkannt, dass dies nur ein erster Schritt sein kann und begonnen, die zweite Phase der Digitalisierung einzuleiten und den Kundennutzen in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zu stellen. Print wird hier als ein Medienkanal gemanagt, aber nicht als Mittelpunkt des Angebotes. Durch diese neue Perspektive werden innovative Geschäftsmodelle mit neuen Produktformen möglich (wie z. B. Workflowlösungen, Plattformen oder digitale Lernangebote).

Dieser Paradigmenwechsel erfordert allerdings eine Veränderung, wenn nicht sogar einen Neubau der bestehenden Organisation und vor allem des Mindsets der Führungskräfte:

  • Ausgangspunkt für neue Medienangebote und Services ist nicht mehr die Migration von Printprodukten, sondern die Frage: Was brauchen unsere Kunden?
  • In der ersten Phase der Produktentwicklung geht es nicht um ein Produktkonzept, sondern um die Bedarfsermittlung. Methoden wie die agile Entwicklung oder das Design Thinking beginnen mit dem Erarbeiten der richtigen Fragestellung und der Erforschung des Problemraums.
  • Es müssen alle Gewerke am Tisch sitzen, weil der traditnionell lineare Ablauf „vom Lektorat zum Vertrieb“ nicht mehr funktioniert, sondern ein Kompetenzteam installiert werden muss, das in ständigem Kundenkontakt und vielen Iterationen eine Idee entwickelt, Prototypen baut, diese testet, Ansätze verwirft und schließlich eine erste Produktversion launcht, die der Beginn einer langen Reise sein wird.

Um eine solch dynamisches, teamorientiertes und nicht mehr (print)produktbasiertes Mindset zu entwickeln, müssen alle Beteiligten sich umstellen – von „wir wollen bleiben, wie wir sind“ hin zu „wir wollen so werden, wie wir auch zukünftig gebraucht werden“. Innovative Unternehmen haben schon immer so gehandelt, um auf Basis ihrer DNA ganz neue Lösungen zu schaffen und sich so in bester Tradition neu zu erfinden. Wer diesen Weg verfolgen möchte, muss Innovationen durch Veränderung möglich machen.

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