Interview mit Jochen Schon, CEO von Convit

Durch KI wird der journalistische Prozess nicht nur effizienter, sondern auch vielschichtiger und tiefergehend

Wie sieht das Zusammenspiel von Mensch und KI konkret aus? Was bleibt Handwerk, was kann oder muss sogar automatisiert werden?
Jochen Schon: Das Zusammenspiel von Mensch und KI in der redaktionellen Arbeit gestaltet sich als ein dynamisches Duett, bei dem jeder Part seine spezifischen Stärken einbringt. Auf der einen Seite haben wir die KI, die dank ihrer Fähigkeit, große Datenmengen zu analysieren und Muster zu erkennen, wertvolle Unterstützung im Hintergrund leistet. Sie automatisiert Routineaufgaben wie das Sammeln von Jochen Schon, CEO Convit GmbHKontextinformationen und das Generieren von Content-Vorschlägen, was den Journalisten ermüdende und zeitraubende Recherchearbeit abnimmt. Auf der anderen Seite steht das unersetzliche menschliche Handwerk: Kreativität, kritische Beurteilung, das Gespür für die Story und die Verantwortung für das Endprodukt. KI kann zwar Vorschläge für Social Media Posts oder Artikel liefern, basierend auf einer Vielzahl von Parametern wie früheren Beiträgen, Zielgruppendaten und Autorenstil, aber der Feinschliff, die Prüfung auf Nuancen und der letztendliche Ausdruck einer zündenden Idee bleiben menschliche Domänen. Ein Automatismus kann einen ansprechenden Entwurf liefern, doch die Entscheidung, ob und wie dieser verwendet wird, muss ein Redakteur treffen, der die Marke versteht und vertritt. In der Praxis bedeutet dies, dass die KI den Redakteuren Vorschläge unterbreitet, die diese dann prüfen, anpassen und verfeinern. Die KI agiert also nicht als Ersatz, sondern als ein smartes Werkzeug, das journalistische Expertise ergänzt und erweitert. So entsteht ein optimales Zusammenspiel, bei dem die KI den kreativen Prozess unterstützt, ohne dabei das menschliche Element zu ersetzen.

„KI kann zwar Vorschläge für Social Media Posts oder Artikel liefern, basierend auf einer Vielzahl von Parametern wie früheren Beiträgen, Zielgruppendaten und Autorenstil, aber der Feinschliff, die Prüfung auf Nuancen und der letztendliche Ausdruck einer zündenden Idee bleiben menschliche Domänen.“

Welche konkreten Erfahrungen haben Verlage gemacht, die Ihr Tool einsetzen? Was waren die größten Effekte, wo gab es vielleicht Widerstände?
Jochen Schon: Verlage, die unser KI-gesteuertes Tool implementiert haben, berichten von einer ganzen Palette an Erfahrungen, die von initialer Skepsis bis hin zu großer Begeisterung reichen. Besonders Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit standen anfänglich im Fokus – ein Punkt, bei dem wir stets dazu raten, besonders sensibel zu sein und kritische Daten nicht in die Hände der KI zu legen. Konkret positive Rückmeldungen erhielten wir aus Bereichen, in denen KI Routineaufgaben übernehmen konnte. Dazu zählt das effiziente Verarbeiten und Adaptieren von Agenturmeldungen für verschiedene Medienformate oder das Cross-Publishing auf mehreren Social Media Plattformen. Hier entlastet die KI die Redakteure signifikant von repetitiver Arbeit und ermöglicht ihnen, sich auf anspruchsvollere und kreative Aspekte ihrer Tätigkeit zu konzentrieren. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die Fähigkeit der KI, den Stil einzelner Redakteure oder ganzer Redaktionen zu erlernen und zu imitieren. Dadurch gewannen die von der KI generierten Inhalte an Relevanz und wurden besser in die bestehende Content-Landschaft integriert. Redakteure konnten sich besser mit den KI-Vorschlägen identifizieren, was zu einer höheren Akzeptanz und einer gesteigerten Nutzung der KI-Funktionen führte.

„Das Zusammenspiel von technologischer Bereitschaft und menschlicher Expertise ist der Schlüssel für die Zukunft der Medienbranche.“

Welche Veränderungen sind aus Ihrer Erfahrung erforderlich für den Einsatz von KI-Tools? Geht es nur um die Änderung von Abläufen und Aufgaben bzw. wie wichtig ist hier auch das Mindset der Redakteure/innen?
Jochen Schon: Die Konfiguration von KI-Systemen ist ein entscheidender Schritt, um sie nahtlos in die redaktionellen Prozesse zu integrieren. Hierfür ist eine Gruppe von Menschen erforderlich, die sowohl die internen Abläufe als auch das Potenzial der KI verstehen. Mit diesem Wissen ausgestattet, können sie KI-Tools so einstellen, dass sie den Bedürfnissen der Redaktion entsprechen. Dies ermöglicht es, schnell effiziente und effektive KI-gestützte Workflows zu etablieren, die sowohl den redaktionellen Anforderungen gerecht werden als auch die Vorteile der KI voll ausschöpfen. Viele Redakteure befinden sich bereits auf dem Weg zu einem neuen Mindset, das für den Einsatz von KI-Tools unerlässlich ist. Die Offenheit, sich mit Neuerungen auseinanderzusetzen und die Neugierde, diese zu erforschen und zu verstehen, sind genauso wichtig wie die technische Umsetzung selbst. Redakteure müssen sich nicht von der Technologie überwältigt fühlen, sondern können lernen, sie als eine Erweiterung ihres kreativen Werkzeugkastens zu begreifen. Ein KI-freundliches Mindset zeichnet sich durch Flexibilität und die Bereitschaft aus, KI als eine Chance zur Bereicherung ihrer Arbeit zu sehen. Es geht darum, eine natürliche Symbiose zwischen menschlicher Intuition und der Effizienz von KI zu schaffen. Das Zusammenspiel von technologischer Bereitschaft und menschlicher Expertise ist der Schlüssel für die Zukunft der Medienbranche.

„KI-gestützte Systeme bereichern den Redaktionsalltag vom Anfang bis zum Ende – von der initialen Themenfindung über die Erstellung bis hin zur zielgruppenorientierten Verbreitung von Inhalten“.

Ihr Vortrag auf dem CrossMediaForum heißt „Intelligente Crossmedia-Planung – Generative AI im redaktionellen Workflow“. Was wird die wichtigste Botschaft sein?
Jochen Schon: Die Kernaussage meines Vortrags wird sein, dass generative KI nicht nur ein futuristisches Konzept ist, sondern bereits heute ein praktisches und mächtiges Werkzeug darstellt, das den redaktionellen Workflow tiefgreifend verbessern kann. Ich möchte veranschaulichen, wie KI-gestützte Systeme vom Anfang bis zum Ende – von der initialen Themenfindung über die Erstellung bis hin zur zielgruppenorientierten Verbreitung von Inhalten – den Redaktionsalltag bereichern. Das untermauere ich durch praktische Beispiele, die zeigen, wie KI die Effizienz steigert, die Qualität der Inhalte verbessert und es ermöglicht, Inhalte schneller und präziser auf die Bedürfnisse der Leserschaft zuzuschneiden. Dabei mache ich deutlich, dass die KI nicht als Ersatz für journalistische Fähigkeiten, sondern als ein Instrument zu verstehen ist, das Redakteure in ihrem Handwerk unterstützt.
Es ist mir wichtig zu betonen, dass durch die Integration von KI in den redaktionellen Prozess Journalisten mehr Raum für kreative und analytische Tätigkeiten haben, während zeitraubende und weniger wertschöpfende Aufgaben von der KI übernommen werden. So wird der journalistische Prozess nicht nur effizienter, sondern auch vielschichtiger und tiefergehend. Die Integration von generativer KI in den redaktionellen Ablauf bedeutet also weit mehr als nur eine Steigerung der Effizienz oder eine Verbesserung der Inhaltsqualität. Es geht vielmehr darum, eine Kultur der Neugier und des Innovationsgeistes zu kultivieren. Die Verwendung von KI sollte Freude bereiten, den Spieltrieb mit fortschrittlicher Technologie wecken und den Wunsch anregen, Althergebrachtes neu zu denken. Mit KI als kreativem Verbündeten können wir den redaktionellen Horizont erweitern und gleichzeitig den Spaß an der Entdeckung und Gestaltung zukunftsweisender Content-Strategien neu entfachen.

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